Sonntag, 20. Juli 2008

Tag 4: Tirolo – San Giàcomo-Filippo


Montag 07.07.08 - Tag 4:

Bei Abfahrt setzt er Regen wieder ein. Lt Wetterbericht geht dass bei Mittwoch so (und zwar überall) uns bleibt also wenig Wahl.

Nach einer Stunde auf der Landstraße zwischen Meraono und Spondigna sind wir alle gut durchnässt. Das stört den Regen nicht, er begleitet uns über Stilfserjoch.
Zu diesem Zeitpunkt begleitet uns (das erste Mal für diesen Tag) ein reißender Fluss ein Stück des Weges … „neben unsern Weg“ und eigentlich auch „auf dem Weg“. Und man fragt sich wenn Reifenhersteller mit optimaler Bodenhaftung prahlen … ob dann auch ein gewisse Flusshaftung erhoffbar ist… und da tut man dann auch: hoffen.
Und das während einem regenkühles Wasser ins Gesicht tropft – denn das Visier muss zumindest einen Spalt offen sein sonst beschlägt es total.

In den ersten Stunden begegneten wir höchstens 10 Motorradfahrern, aber irgendwie geben wir uns doch immer wieder neuen Mut untereinander in dem wir uns fröhlich und aufmuntern zugrüßen. Der eine der uns das Stilfserjoch entgegenkam und sichtlich erfreut war dass es noch andere Wahnsinnige wie ihn gibt (wer braucht Sonnen wenn die Pässe doch rufen) streckte uns sogar triumphierend das Victoryzeichen entgegen. Tja wir sind hald noch echte Biker.

Kaum etwas später hatte ich dann eine dieser wichtigen Bikererkenntnisse: Währenddem man ein nasses Mamaschaf und ihr nasses Babyschaf aufmunternd wir-sitzen-alle-im-selben-Boot-grüßt, solllte man nicht zu sehr über seine eigenen Witzigkeit lachen – sonst beschlägt das Visir schlagartig.

Das Stilfserjoch besteht aus mehr als 33 Spitzkehren eine spitzer als die andere und im Regen … denn ja es regnet noch immer … fühlen sie sich an wie mehr als 133.
Und irgendwann dazwischen kam die Sonne raus – einfach nur um den Nebel der inzwischen aufgezogen war schöner zu beleuchten. Als ob sie mit einem Zwinkern sagen möchte „Na Mai, passt doch eh – du wirst dich ja wohl nicht ernsthaft beschweren wollen, oder?“ Auf dem Weg zum Joch sahen wir schon einige malerisch von Nebelschwaden und –fetzen umhüllte Berge – und jetzt sind wir mittendrin.
Lichtetagen, Nebelwände, sonnen-umschmeichelte (tropfende) Blumenwiesen, direkt an der Steilwand neben der Straße … und das ganze im minütigen Wechsel.

Oben angekommen konnte man nur sagen: WOW, das war es wert. Jeder sollte einmal in seinen Leben das Stilfserjoch bei Regen und Nebel bezwungen haben
… toll … absolut beeindruckend
… und gut dass wir es schon erledigt haben.


Der Umbrail Pass hinunter war sehr nett nur schade um die nasse Strecke die etwas die Leichtigkeit des Fahrerseins einschränkte. Und der Schottermittelteil war gar nicht soooo schlimm.

Den nächsten Grenzwechsel und die Umbrail-Tankstelle (die ja ekelig beim Zufahren und Halten ist, wie 2/3 von uns noch von unseren letzten Besuch von vor 2 Jahren genau wissen) liesen wir ziemlich unbeachtet links liegen. Theoretisch sollte uns die Tankfüllung noch bis nach Italien tragen. Livingo hat übrigens 7 Tankstellen im Ort, wovon auch 1 (!) geöffnet war *schwitz*. Und wir tanken um 1,045 … sehr unüblich weil sonst zahlt man in Itlalien zwischen 1,45. -1,53. Auf dem Weg nach Livingo durchquerten wir den Mauttunnel „Munt-la-Schera-Tunnel“ (der übrigends nur zwischen 08:00-20:00 geöffnet ist) und wiedermal hatten wir intensiven Radfaher-Kontakt. Ein Gruppe fährt vor uns nebeneinander als Dieter zum Überholen ausschert versetzt sich die ganze Gruppe Richtung anderer Fahrbahnseite, denn sie überholen sich gegenseitig während sie die Kurve schneiden. Ob sie eben überholt werden oder nicht schien ihnen ziemlich egal… Plötzlich ist Dieter zwischen ihnen - und eigentlich schimpfen alle viel mehr als dass sie sich darauf konzentrieren ihm wieder aus der Gruppe raus zu lassen. Es stimmt wohl dass die Fahrradfahrer schwache Verkehrsteilnehmer sind. aber laut und schwer einschätzbar können sie durchaus auch sein.

Aus der aufwärmenden Suppe wurde dann doch Pasta und wir versuchten uns noch etwas zu trocknen oder besser gesagt trocken zu legen, bis wir wieder aufstiegen – und es natürlich damit erneut zu regnen begann. Meine Handschuhe waren von Beginn an nass, aber begannen während der Fahrt dann noch vor sich hin zu tropfen … man konnte das Regenwasser mitverfolgen wie es durch die hochflüssigen Handschuhe unter Regengewand und regendichte Jacke die Arme entlang floss wenn man wieder mal das Visier reinigte … ein paar Kilometer machen wir noch.

St. Moritz konnte im Regen wenig beeindrucken aber ab Maloja erwischte uns unerwartet und gottseidank wieder ein wichtiger Motivationsschub: Der Malojapass ist an sich schon sehr nett zu fahren (selbst im Regen) … aber die Aussicht die such uns plötzlich war schlichtweg beeindruckend. Ganz ganz unten im Tal leuchtete wieder mal die Sonne mit einer Kraft hervor die einfach schlichtweg atemberaubend war. Ihr müsst euch vorstellen man verbringt einen Tag im dunkel, nassen, grauen irgendwas das für das herbstliche Schottland 20:00 mitten in der Regenzeit (an Juli im sonnigen Italien dachte man nicht wirklich) und dann plötzlich das. Ein funkelnder strahlender Horizontstreifen … nur hald ohne Streifen weil das das Licht konzentriert ist auf ein sonnenumschmeichelte glitzerndes Tal das man auf das man in der Ferne herab blicken kann.

Und so fahren wir dem Licht entgegen und es wird heller km um km, auch die Landschaft und Umgebung von Maloja bis Chiavenna ist sehr inspirierend: Atemberaubende Felsformationen unter denen die Straße hinweg führt, Wasserfälle wo hin man blickt, wieder mal begleitet uns ein reißender Fluss (er fließt mit ca 40 km/h … viel schneller sind wir auf den nassen Asphalt durch den Ort jetzt auch nicht mehr unterwegs), Bauernhäuser in mitten von grünen Feldern, alte steinerne Kirchen, …. Mit einen Wort:
ziemlich versöhnlich !!!


Natürlich setzt auch hier wieder bald der Regen ein, also suchen wir uns ein Zimmer zum umziehen und Handschuhe auswinden.
Die Frühstückspension mit „Bikers welcome“-Schild und Schotterparkplatz ist anscheinend erst am erblühen … Restaurant wird erst nächste Woche geöffnet. Die Besitzerin ist sehr bemüht und über eine Mischung aus Zeichensprache und deutsch (ja bis jetzt sind wir noch immer mit deutsch besser durchgekommen als mit dem englischen bekommen wir einen Wäscheständer … das ich eine alte Zeitung zum trockenlegen der Stiefel erhalte, hat nicht ganz geklappt, und Föhn gibt es keinen also drücke ich meine Stiefel mit dem Handtuch aus. Sohlen und Handschuhe waren nach spät abends bei unserer Heimkehr immer noch feucht … wodurch die Lampen produzieren Wärme-Trockenmethode herangezogen wurde. Funktioniert ziemlich gut … außer wenn das Tockengut auf die Glühbirne selbst fällt – Erste Ausfälle Daumennagelgroßes Brandloch in Michis Handschuh, und meine verschmorte, spontan verbogene Inlay-Fußsohle (für den rechten feuchten Stiefel). Aber wir starten wenigstens einigermaßen mit trockenen Sachen als wir uns wieder auf die Motorräder schwingen … und zu beginn trockene Sachen ist schon was wert.

Was bis jetzt durch diese wir waren-nass-unsere-Sachen-waren-nasser-und-so-sollte-es-nicht-bleiben-Erzählung total unerwähnt war ist unser Abendspaziergang. Die Burschen begleiteten mich dankenswerterweise auf meinen kleinen Erkundungsspaziergang durch den sehr kleinen, kleinen Ort … der dann doch über einen neuen Sportplatz verfügt und *strahl* ES GIBT EINE KLEINE BAR MIT FORST. *tolles Bier* *toller Abend* … vielleicht bin ich etwas aufgedreht aber es war einfach so: toller Abend, tolle Gesellschaft, tolle Bar, (tolles Bier). Selbst der Wirt war toll … oh ja! Und ich grinse durch den Abend zu das erste Mal zwar immer noch italienischer (aber durchaus angenehmer) Musik.

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